Coaching im Vertrieb – Warum Prämien und Training allein nicht reichen
- Boris Boy
- 7. Okt.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Okt.
Du träumst von kontinuierlichen Umsatzsteigerungen
Nicht nur du als Führungskraft, sondern auch deine Vertriebsmitarbeiter – schließlich hängt ein Großteil ihres Einkommens von ihrer Leistung ab.
Da liegt die Annahme nahe, dass du als Führungskraft eigentlich nicht mehr allzu viel tun musst. Schließlich heißt es oft:
„Verkaufs- und Umsatzprämien sollten intrinsisch genug wirken, um jeden Vertriebler zur Höchstleistung zu bringen.“
Vergütungsmodelle schaffen Anreize – aber kein Können
Angesichts des Aufwands, den du in ausgeklügelte Vergütungsmodelle investierst, ist diese Erwartung verständlich. Du erinnerst dich vielleicht an hitzige Diskussionen, wenn es darum ging, faire und motivierende Konditionen auszuhandeln. In manchen Organisationen werden diese Modelle sogar top-down verordnet – das Ergebnis: wenig Akzeptanz, noch weniger Motivation.
Trotz Boni und Prämien bleibt dann oft die Frage offen: Warum explodiert der Umsatz nicht, obwohl die Anreize stimmen?
„Vergütungsmodelle garantieren das Wollen – aber Wollen und Können sind zwei verschiedene Dinge.“
Anreizsysteme erzeugen Zielorientierung. Was sie nicht automatisch erzeugen: die Fähigkeit, in komplexen Verkaufssituationen situativ zu handeln, Qualität in Gesprächen zu steigern, Prioritäten sauber zu setzen und konsequent nachzuhalten. Genau hier unterscheidet sich kurzfristige Motivation von nachhaltiger Leistungsfähigkeit.
Onboarding ist kein Ersatz für Coaching
Vielleicht denkst du dir an dieser Stelle: „Aber ich habe meine Mitarbeiter doch intensiv eingearbeitet.“ Und tatsächlich: Neue Vertriebsmitarbeiter erhalten im Onboarding umfangreiche Schulungen. Sie lernen Produkte, Wettbewerb, USPs und Kundenbedürfnisse kennen – oft bis ins Detail.
Doch hier liegt der Knackpunkt: Ein Onboarding vermittelt Wissen, aber kein anwendbares, situatives Handeln. Gerade am Anfang sind Mitarbeiter damit beschäftigt, die Informationsflut überhaupt aufzunehmen. Die Fähigkeit, dieses Wissen flexibel auf verschiedene Kundentypen zuzuschneiden, entsteht nicht automatisch. Sie muss entwickelt, trainiert und begleitet werden – und genau hier setzt Coaching an.
In den ersten Wochen verbessert sich die Performance vieler Verkäufer spürbar. Du freust dich über die Fortschritte. Doch nach einigen Monaten stagniert das Wachstum. Der Umsatz pendelt sich auf einem durchschnittlichen Niveau ein.
Wer mit gleichbleibendem Umsatz zufrieden ist, braucht kein Coaching. Wer aber mehr will, muss Coaching als festen Bestandteil der Vertriebsentwicklung etablieren.
Shadowing ist gut – aber nur der Anfang
Gerade in der Einarbeitung erzielst du große Fortschritte, indem neue Mitarbeiter dich oder erfahrene Kollegen im Verkauf „shadown“ – also beobachten und nachahmen. Diese Phase ist wertvoll, weil sie schnelle Orientierung bietet und Sicherheit schafft.
Doch diese Phase des Nachmachens endet schnell. Spätestens dann müssen Verkäufer selbstständig erkennen, wo ihre Entwicklungspotenziale liegen, und diese aktiv ausschöpfen. Shadowing eignet sich daher hervorragend zu Beginn oder später bei neuen Produkten, Services oder Kundengruppen. Für eine nachhaltige Weiterentwicklung brauchst du jedoch mehr: individuelles, kontinuierliches Coaching, das Verhalten festigt, Kompetenzen erweitert und Reflexion fördert.
Warum Coaching im Vertrieb oft zu kurz kommt
Trotz seines Erfolgshebel-Charakters ist Coaching im Vertrieb vieler Unternehmen kein fester Bestandteil. Stattdessen investierst du als Führungskraft häufig lieber in klassische Verkaufstrainings. Diese haben ihren Platz – wirken aber meist nur kurzfristig. Die Gründe dafür sind häufig:
Du wurdest selbst nie gecoacht und hast keine Vorbilder.
Dir fehlt Wissen, wie du systematisch coacht.
Du traust dich nicht, weil dir methodische Sicherheit fehlt.
Coaching wird nicht eingefordert oder belohnt.
Administrative Aufgaben verdrängen Entwicklungsgespräche.
Es fehlen passende Werkzeuge und Strukturen.
Coaching wird fälschlicherweise als konfrontativ wahrgenommen.
Das Ergebnis: Potenziale bleiben ungenutzt, Verkäufer entwickeln sich nicht weiter – und der Umsatz stagniert.
Training ist nicht Coaching
Um den Unterschied klar zu machen, lohnt ein direkter Vergleich:
Klassisches Training | Coaching |
Einmaliges Event | Kontinuierlicher Prozess |
Fokus auf Wissen | Fokus auf Verhalten und Umsetzung |
Gruppenorientiert | Individuell und situativ |
Kurzfristiger Effekt | Nachhaltige Verhaltensänderung |
Passiv (Zuhören) | Aktiv (Selbstreflexion und Anwendung) |
Training liefert Input, Coaching verankert Verhalten. Beides ergänzt sich – aber das eine kann das andere nicht ersetzen.
Warum klassische Coaching-Modelle im Vertrieb oft nicht reichen
Vielleicht hast du schon vom GROW-Modell gehört – einem bewährten Coaching-Framework:
Goal – Ziel festlegen
Reality – Ist-Situation klären
Options – Lösungswege entwickeln
Will / Way Forward – nächste Schritte planen
Auf den ersten Blick klingt das auch für den Vertrieb sinnvoll. Doch schon bei Schritt 1 stößt das Modell an seine Grenzen. Viele denken, dass man natürlich den gesteigerten Umsatz als Ziel festlegt, aber
„Umsatz machen“ ist kein gutes Coaching-Ziel — das ist eher ein unternehmerisches Ziel, aber kein individuelles Entwicklungsziel.
Und wenn du die Person noch nicht kennst, kannst du kein sinnvolles Ziel „von oben“ festlegen, ohne die Situation verstanden zu haben. Ein gutes Vertriebscoaching setzt nicht bei Umsatzzielen an, sondern dort, wo der Verkäufer selbst Einfluss hat: bei Fähigkeiten, Verhalten, Routinen oder Denkweisen.
Typische Hebel im Vertriebscoaching
Mindset-Themen: zum Beispiel Zurückhaltung bei Kaltakquise oder Angst vor Ablehnung.
Skill-Gaps: zum Beispiel unsaubere Bedarfsanalyse, fehlende Fragetechniken, schwache Abschlusssteuerung.
Strukturthemen: zum Beispiel geringe Aktivität, fehlende Priorisierung, zu wenig Pipeline und wenige qualifizierte Chancen.
Umfeldthemen: zum Beispiel unklare Zielgruppe, fehlende ICP-Definition, ungenaue CRM-Daten oder unpassende Angebote.
Erst wenn du weißt, wo der größte Hebel liegt, definierst du ein passendes Coaching-Ziel. Das Ziel ist dann nicht „mehr Umsatz“, sondern etwa „in Erstgesprächen innerhalb von 15 Minuten drei problemzentrierte Fragen stellen und aktiv zusammenfassen“ oder „pro Woche zehn qualifizierte Erstkontakte herstellen und dokumentieren“. Umsatz und Abschlüsse folgen als Konsequenz.
Das erste Coaching-Ziel: bewusst klein starten
Gerade im ersten Coaching mit einem neuen Mitarbeiter empfiehlt es sich, mit einem einfach erreichbaren Ziel zu beginnen. So entsteht ein positives Erlebnis, der Coachee versteht die Methodik und erlebt selbst, dass Veränderung möglich ist. Das schafft Motivation für den weiteren Prozess.
Viele vergessen, dass Coaching oft verborgene Wahrnehmungen freilegt. Daher ist es wichtig, die Person nicht zu überfordern, sondern Raum für Entwicklung zu geben. Nur so bleibt Coaching eine willkommene und kraftvolle Erfahrung – keine lästige Pflichtübung. Ein guter Einstieg sind kurze, regelmäßige Sequenzen von 15 bis 25 Minuten mit klarer Vorbereitung (Agenda, Beobachtungsschwerpunkt, gewünschtes Ergebnis) und einem fokussierten Follow-up.
Feedback ist nicht gleich Coaching
Viele Vertriebler kennen den klassischen On-the-Job-Feedback-Prozess: Nach dem Kundentermin gibt der Vorgesetzte direkt Rückmeldung. Diese Methode ist wichtig – aber eher in der frühen Phase, zum Beispiel während des Onboardings. Hier geht es oft um konkrete Anweisungen wie: „Bitte lerne die Produkteigenschaften, damit du sie dem Kunden sauber erklären kannst.“
Coaching hingegen zielt auf tiefergehende Entwicklung, nicht auf reine Korrektur. Während Feedback in erster Linie bewertet, arbeitet Coaching mit Fragen, die Reflexion auslösen, Einsichten ermöglichen und Verhalten verändern. Beide Instrumente sind notwendig – entscheidend ist, sie bewusst einzusetzen.
Wie modernes Sales-Coaching konkret aussieht
Ein moderner Coaching-Prozess lässt sich in fünf Schritten strukturieren:
Beobachtung und Analyse: Shadowing, Gesprächsaufzeichnungen, Review der Pipeline und Aktivitäten.
Fokus setzen: Den größten Hebel identifizieren (Mindset, Skill, Struktur oder Umfeld).
Verhaltensziel definieren: Klar, spezifisch, beobachtbar und innerhalb von zwei bis vier Wochen erreichbar.
Training und Anwendung: Rollenspiele, Live-Übungen, Formulierungen testen, echte Gespräche planen und durchführen.
Review und nächste Schritte: Ergebnisse bewerten, Fortschritt sichtbar machen, Hindernisse adressieren, Ziel anpassen.
Wichtig ist, Coaching in den Alltag zu integrieren. Das gelingt mit festen Terminen im Kalender, kompakten Vorlagen für die Vorbereitung (zwei bis drei Leitfragen reichen) und einfachen Messpunkten: etwa Quote qualifizierter Termine, Dauer bis zur Bedarfsanalyse, Anzahl klarer Next Steps pro Gespräch, Anteil sauber dokumentierter Chancen.
Dos und Don’ts für Führungskräfte
Dos
Regelmäßigkeit vor Länge: lieber 25 Minuten jede Woche als zwei Stunden einmal im Quartal.
Beobachtbares Verhalten coachen: was man sehen, hören und messen kann.
Fragen vor Ratschlägen: erst verstehen, dann führen.
Fortschritt feiern: kleine Erfolge sichtbar machen, um Momentum zu erzeugen.
Vorbild sein: selbst Coachings einfordern, Feedback annehmen, im CRM sauber arbeiten.
Don’ts
Coaching mit Reporting verwechseln: Status-Updates sind kein Coaching.
Ziele zu groß wählen: sofortiger „Umsatz-Booster“ überfordert und frustriert.
Nur auf Schwächen starren: Stärken gezielt ausbauen, um schnelle Hebel zu nutzen.
Coaching dem Tagesgeschäft opfern: wenn alles wichtig ist, passiert Coaching nie.
Unklar bleiben: ohne konkrete nächste Schritte verpufft jedes Gespräch.
Ein Praxisfall – es ist nicht immer das Umsatzziel
Ein Account Manager in meinem Coaching war technisch brillant, hatte aber Schwierigkeiten, Kundengespräche aktiv zu steuern. Im Onboarding hatte er alle Trainings absolviert, doch im Alltag fiel er in den „Vortragsmodus“ zurück. Gemeinsam identifizierten wir den eigentlichen Engpass: fehlende Routine in offenen Fragetechniken.
Wir arbeiteten über mehrere Sessions mit Rollenspielen, Gesprächsanalysen und konkreten Verhaltenszielen. Nach wenigen Wochen berichtete er selbst, wie seine Termine kürzer, fokussierter und erfolgreicher wurden. Er stellte mehr problemzentrierte Fragen, fasste präziser zusammen und vereinbarte klare nächste Schritte. Die Pipeline-Qualität verbesserte sich, die Abschlusswahrscheinlichkeit stieg – und erst als Folge veränderten sich Umsatz und Marge positiv.
Der entscheidende Hebel lag nicht beim Umsatzziel, sondern bei einer gezielten Verhaltensänderung – genau das macht Coaching so kraftvoll.
Kennzahlen, die Coaching-Erfolg sichtbar machen
Damit Coaching nicht als „weiches“ Thema wahrgenommen wird, solltest du wenige, aber aussagekräftige Kennzahlen verfolgen:
Anzahl und Qualität qualifizierter Erstgespräche pro Woche.
Anteil der Gespräche mit klar definiertem Next Step.
Konversionsraten zwischen den Pipeline-Stufen (z. B. Discovery zu Angebot).
Zeit bis zur nächsten Interaktion nach einem Termin.
Sauberkeit der CRM-Daten (Vollständigkeit, Aktualität, Notizenqualität).
Diese Indikatoren zeigen schnell, ob sich Verhalten ändert – und zwar lange bevor es in den Umsatzzahlen sichtbar wird.
Häufige Missverständnisse im Vertriebscoaching
„Coaching ist nur für leistungsschwache Mitarbeiter.“ – Falsch. Top-Performer wollen schneller wachsen und schätzen Coaching besonders.
„Coaching kostet zu viel Zeit.“ – Richtig ist: fehlende Entwicklung kostet mehr Zeit und Geld.
„Ein gutes Training ersetzt Coaching.“ – Training setzt Impulse, Coaching verankert sie.
„Coaching ist konfrontativ.“ – Coaching ist ein partnerschaftlicher Prozess mit klaren Zielen und messbaren Ergebnissen.
Fazit und nächster Schritt
Vertriebscoaching ist kein „nice-to-have“, sondern ein entscheidender Hebel für nachhaltige Umsatzentwicklung. Wenn du deine Mitarbeiter wirklich befähigen willst, musst du über Vergütungsmodelle und Onboardings hinausdenken. Entscheidend ist nicht, wie viele Prämien du auslobst, sondern ob Verhalten sich in Richtung wirksamer Verkaufsarbeit verändert – konsistent, messbar und kundenzentriert.
In meinem Coaching-Programm unterstütze ich dich und dein Vertriebsteam dabei, genau diesen Schritt zu gehen – praxisnah, individuell und mit klaren Ergebnissen. Wenn du erfahren möchtest, wie modernes Sales-Coaching in deinem Unternehmen aussehen kann, kontaktiere mich oder buche ein unverbindliches Erstgespräch.

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